
Neu errichtete Frauenstation
des Anton-Proksch-Instituts in Wien-Kalksburg

Prim. Prof. Dr.
Rudolf Mader, Dr. Senta Feselmayer, Prim. Dr. Hans Puchinger
(von links nach rechts)

Meditationsraum
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Neue
Frauenstation im API Kalksburg
Frauen haben in Sachen
Alkoholismus kräftig nachgezogen, neuesten Untersuchungen zufolge
sind 82.000 Österreicherinnen alkoholkrank. 43 % von Ihnen haben
alkoholkranke Eltern, ein Fünftel einen Alkoholiker als Partner und
ihre Kinder haben ein 8faches Suchtrisiko. Weil Frauen anders trinken
als Männer, bedürfen sie einer speziellen Behandlung.Die
neue Frauenstation des API Kalksburg bietet alkoholkranken Frauen eine
geschlechtsspezifische Therapie auf der Grundlage der modernen Suchtforschung,
mit Wohngruppe für junge Alkoholikerinnen sowie Mutter-Kind-Einheit
für Suchtkranke.
Alkoholismus
bei Frauen nimmt deutlich messbar zu, das Verhältnis trinkender Männer
zu trinkenden Frauen hat sich im vergangenen Jahrzehnt von 4:1 auf 3:1
verschoben, Frauen haben also bezüglich Alkoholismus stark nachgezogen,
berichtete Primarius Prof. Dr. Rudolf Mader, ärztlicher Leiter und
Vorstand des API Kalksburg im Rahmen einer Pressekonferenz. Zugenommen
hat aber auch die Behandlungsbereitschaft alkoholkranker Frauen und die
Kombination dieser beiden Faktoren ergibt Wartezeiten von mehreren Wochen
für eine stationäre Aufnahme.
Insgesamt ging es
darum, an der größten Suchtklinik Europas in Kalksburg neben
dem hervorragenden Behandlungs- und Betreuungsangebot auch eine komfortablere
Unterbringung zu ermöglichen. Prim. Mader: Mit der neuen Frauenstation
ist das in vorbildlicher Weise gelungen.

Ergotherapie
in der API-Frauenstation
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Neue Jugendabteilung
im API
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Frauen
trinken anders
Alkohol als Medikament
Dafür sind mehrere Gründe verantwortlich, sagt Dr. Feselmayer,
Leiterin der Psychologischen Abteilung am API Kalksburg: Frauen
setzen Alkohol häufiger als Medikament ein, um mit
ihren Ängsten, Schmerzen, Kindheitstraumen und Verstimmungen besser
umgehen zu können. Sie entwickeln ein Trinkmuster, bei dem schneller
größere Mengen Alkohol getrunken werden und es kommt bei
ihnen eher zu einem problematischen Konsum und zur Alkoholkrankheit.
Dieser Prozess wird zusätzlich unterstützt durch physiologische
Gegebenheiten, wie den langsameren Alkoholabbau und die raschere Reaktion
der Organe.
Zusätzlich
sind soziale rollenspezifische Unterschiede von Bedeutung. Trotz
vielfacher Veränderung in den geschlechtsspezifischen Rollenbildern
ist die trinkende Frau noch immer stärker stigmatisiert als der
trinkende Mann, analysiert Dr. Feselmayer der ja zumindest
solange bis schwerwiegende Probleme auftauchen durch sein 'viel Vertragen'
bzw. viel Trinken in aller Regel ein positiv männliches Image erhält.
Von besonderer
Bedeutung für die Therapie der Alkoholkrankheit ist die Tatsache,
dass Suchterkrankung eine Familienerkrankung ist, es ist praktisch immer
die ganze Familie davon betroffen, sagt Dr. Feselmayer, und zitiert
aktuelle Zahlen aus API-Untersuchungen:
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43
Prozent der Patientinnen und Patienten haben alkoholkranke Eltern.
-
Knapp
ein Fünftel der alkoholkranken Frauen haben einen alkoholkranken
Partner.
-
22
Prozent der Kinder aus Suchtfamilien übernehmen die Suchterkrankung
der Eltern, d. h. es besteht in einer Familie mit alkoholkranken Eltern
ein 8-fach höheres Risiko, alkoholkrank zu werden.
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Knapp
100.000 Kinder in Österreich leben in Familien mit einem manifest
alkoholkranken Elternteil.
-
250.000
Kinder haben Eltern mit einem problematischen Umgang mit Alkohol.
Mehrere Faktoren
spielen für Kinder aus Familien mit alkoholkranken Eltern eine
besondere Rolle. Diese Kinder lernen an einem 'Modell', dass Alkohol
nicht als Genussmittel konsumiert wird, sondern als 'Medikament' eingesetzt
wird, nennt Dr. Feselmayer ein Beispiel. Es besteht also
eine hohe positive Erwartung an den Alkohol, in kritischen Lebenssituationen
als Problemlöser zu fungieren. Die hohe positive Erwartung hängt
eng mit einer späteren Suchtentwicklung zusammen.
Besonders problematisch:
Trotz dieser Erkenntnisse gibt es in Österreich kaum spezifische
Angebote für Hochrisikokinder. Das API hat auf diese
unbefriedigende Situation reagiert und bietet jetzt eine Angehörigengruppe
an für Jugendliche zwischen 12 und 19, deren Eltern alkoholabhängig
sind. In dieser Gruppe erhalten die Jugendlichen Information zum Thema
Sucht und können über ihre Erfahrungen in der Familie, ihre
Belastungen und Hilflosigkeiten zum ersten Mal ohne Beisein eines weiteren
Familienmitgliedes sprechen.
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