VALIDATION

Dezember 15 , 2001

Literaturempfehlungen

Validieren heißt jemandem oder etwas einen Wert geben.

In der Pharmaindustrie wird der Begriff bei der Qualitätskontrolle eingesetzt. Bevor ein Medikament in den Handel kommt wird es validiert d. h. man untersucht, ob die Inhaltsstoffe den Anforderungen entsprechen. Dafür gibt es eigene Abteilungen und Angestellte, die sich ausschließlich in diesem Bereich ihr Salär verdienen. Wenn ich heute hier von Validation spreche, dann meine ich jedoch einen ganz anderen Bereich nämlich einen Weg zum Verständnis verwirrter alter Menschen. In unseren Breiten ist es nach wie vor so, dass Frauen die Hauptlast der Pflegeaufgaben übernehmen. Meist sind diese Frauen selbst schon in ihrer Pension oder wenigstens kurz davor, wenn ihre Eltern bzw. Schwiegereltern der Pflege bedürfen. Nachdem immer noch 80% der Pflegebedürftigen zu Hause von der Familie betreut werden, kann es für die Pflegeperson sehr entlastend sein, wenn sie um die Desorientiertheit alter Menschen weiß und auch lernt ein wenig besser damit umzugehen.

Naomi Feil, eine Sozialarbeiterin aus den USA, hat diese Technik entwickelt und deren Verbreitung durch Vorträge und Seminare weltweit gefördert.

Naomi, das Kind deutscher Eltern, die in den USA ein Pflegeheim leiteten, wuchs mit alten Menschen auf. In dieser Zeit hat sie ein Gespür für diese Menschen entwickelt, sodass ihre Validationstechniken und ihr Verständnis dafür weltweit Anklang fanden. Wer einen desorientierten Menschen zu pflegen hat, weiß wovon ich spreche. Diese Menschen finden sich in dieser Welt kaum mehr zurecht und es erleichtert die Pflege, wenn wir einen Zugang zu ihrer Welt bekommen.

Laut Feil gibt es vier Stadien der Desorientiertheit und je nachdem in welchem Stadium sich eine Person befindet, was es zuerst zu erkennen gilt, erfolgt ein anderer Umgang mit dem Pflegebedürftigen. In jedem Stadium sind diese Menschen sehr unglücklich und nicht jeder Mensch reagiert darauf in gleicher Form. Das letzte Stadium wird von Feil Vegetieren genannt, ein totaler Rückzug nach innen. In den Stadien davor gilt es mittels Validation das Erreichen dieses vierten Stadiums zu vermeiden. Markant für das erste Stadium ist, dass die Betroffenen ihren Zustand leugnen, ihn so gut wie möglich verbergen oder nicht wahrhaben wollen. Sie wollen beispielsweise nicht zugeben, dass sie etwas vergessen haben. Dieses Verhalten ist im sehr hohen Alter nicht nur eine Folge anatomischer Veränderungen des Gehirns, sondern das Ergebnis einer Kombination von körperlichen, sozialen und psychischen Veränderungen, die im Laufe des Lebens stattgefunden haben. Schmerzliche Gefühle, die man ignoriert und unterdrückt, werden immer stärker.

LITERATUREMPFEHLUNGEN:

VALIDATION IN ANWENDUNG UND BEISPIELEN
Der Umgang mit verwiirrten alten Menschen

Naomi Feil
München 2000
Reinhardts Gerontologische Reihe

EUR 20,35

VALIDATION
Ein Weg zum Verständnis verwirrter alter Menschen.
Naomi Feil
München 1992
6. Auflage, München 2000,
Reinhardts Gerontologische Reihe

EUR 15,23

 

Die 10 Grundsätze und Werte der Validation:

  1. Alle Menschen sind einzigartig und müssen als Individuen behandelt werden.
  2. Alle Menschen sind wertvoll, ganz gleichgültig, in welchem Ausmaß sie verwirrt sind.
  3. Es gibt einen Grund für das Verhalten von verwirrten sehr alten Menschen.
  4. Verhalten im sehr hohen Alter ist nicht nur eine Folge anatomischer Veränderung des Gehirns, sondern das Ergebnis einer Kombination von körperlichen, sozialen und psychischen Veränderungen, die im Laufe eines Lebens stattgefunden haben.
  5. Sehr alte Leute kann man nicht dazu zwingen, ihr Verhalten zu ändern. Verhalten kann nur dann verändert werden, wenn die betreffende Person es will.
  6. Sehr alte Leute muß man akzeptieren, ohne zu beurteilen.
  7. Zu jedem Lebensabschnitt gehören bestimmte Aufgaben. Wenn man diese Aufgaben nicht im jeweiligen Lebensabschnitt schafft, kann das zu psychischen Problemen führen.
  8. Wenn das Kurzzeitgedächtnis nachläßt, versuchen ältere Erwachsene, ihr Leben wieder in ein Gleichgewicht zu bringen, indem sie auf frühere Erinnerungen zurückgreifen.Wenn die Sehstärke nachläßt, sehen sie mit dem "Inneren Auge." Wenn ihr Gehör immer mehr nachläßt, hören sie Klänge aus der Vergangenheit.
  9. Schmerzliche Gefühle, die ausgedrückt, anerkannt und von einer vertrauten Pflegeperson validiert werden, werden weniger. Schmerzliche Gefühle, die man ignoriert und unterdrückt, werden stärker.
  10. Einfühlung und Mitgefühl führt zu Vertrauen, verringert Angstzustände und stellt die Würde wieder her.

Validation geht davon aus, unerledigte Dinge im hohen Alter wieder auftauchen, weil der Mensch bestrebt ist, vor seinem Tod alles ins Reine gebracht zu haben. Bei sehr alten verwirrten Menschen ist es allerdings nicht augenscheinlich worum es geht, da vielfach Symbole verwendet werden oder Fantasiewörter verwendet werden. Handlungen, die vergessen wurden, wie zum Beispiel das Verschenken von Dingen, die dann als Gestohlen gemeldet werden.

Validation hilft Menschen, die sehr alt sind, zwischen 80 und 100 Jahren. Sie wurde nicht entwickelt für Menschen, die orientiert sind, geistig behindert sind, bei denen eine Geisteskrankheit aufgetreten ist oder die ein organisches Trauma erlitten haben.

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